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WAS BIN ICH NACH DER ERLEUCHTUNG?

Freund: Ich denke noch über die Frage nach ... aber sie lautet kurzgefasst in etwa : wozu werden wir nach der "Erleuchtung"? Hat Ramana jemals darüber gesprochen?

 

Reinhard: Die Frage ist ganz verständlich vom üblichen, persönlichen Standpunkt, sie enthält aber mehrere Denkfehler 🙂 

 

Zum einen ist die Zeitvorstellung, dass wir zu 'etwas werden' nicht richtig, da es sich nicht um ein Zukunftsziel handelt. Das Absolute ist ja auch jetzt schon die Basis jeder Erfahrung, so wie der Raum alle Dinge beherbergt (natürlich hinkt jedes Beispiel). Sri Ramana sagte dazu: ‚Wenn die Verwirklichung etwas Neues wäre, das zu einem Zeitpunkt entsteht, würde sie auch wieder verschwinden, wie alles, was entsteht auch wieder vergeht.'

 

Die höchste Verwirklichung wurde von Bhagavan in Begriffen der Ajata Doktrin des Advaita Vedanta beschrieben: da gibt es nur das reine Selbstsein als Ganzheit, keine Schöpfung, kein getrennt sein, keinen Sucher und keine Erleuchtung. Sein Leben ist Zeugnis davon, dass es sich nicht um eine weltfremde Abstraktion handelt. Das ist für uns Normalbürger nicht fassbar, da wir keinen Vergleich haben. Auf dem inneren Weg gibt es aber verschiedene Erfahrungen des Seins, die unsere Intuition allmählich entfalten und uns vertrauensvoll in die Richtung gehen lassen, unsere menschliche Natur 'dem lieben Gott wieder anzuvertrauen'. In jedem Fall ist der Weg zur Befreiung zunehmend lichter und friedvoller, reinigend und verwandelnd von allem, was dem im Weg steht.

 

Freund: Ich danke dir vielmals!

Als Nachtrag fiel mir das Lehr-Modell von Maharishi Mahesh Yogi ein, was die Entfaltung des absoluten Selbst in uns veranschaulicht. Dazu ist generell zu sagen, dass er Schüler eines großen Meisters, Swami Brahmananda Saraswati war, der, nachdem er Jahrzehnte als Einsiedler meditiert hatte, in den letzten Lebensjahren den Shankaracharya Sitz in Jyotir Math inne hatte. Obwohl die TM als Massenbewegung sehr verflachte, war MMY ein charismatischer Heiliger mit großer Kraft, die ich persönlich kennenlernen durfte, als er mich zum TM Lehrer machte.

 

Da MMY uns Grünschnäbel unterrichtete (viele kamen aus der Drogen und Hippie-Szene), entwickelte er sehr geschickte, einfache Lehrmodelle. Die Stufen der Erleuchtung beschrieb er so:

 

1. Kosmisches Bewusstsein ist erlangt, wenn Gewahrsein 24/7 durchgängig erlebt wird, im Wachen, Träumen und im Tiefschlaf bleibt man gewahr und im natürlichen Abstand zu der äußeren Erfahrungsebene.

 

2. Gottesbewusstsein bedeutet, dass die Wahrnehmung der Sinne immer subtiler wird, durch alle Ebenen der Schöpfung hindurch, astral, kausal bis hin zur direkten Wahrnehmung der bevorzugten persönlichen Gottheit (Ishta), mit der der Yogi eins wird.

 

3. Einheitsbewusstsein ist dann erlangt, wenn alle äußere und innere Erfahrung zunehmend in Begriffen des eigenen Selbst erlebt wird.

 

4. Brahman Bewusstsein bedeutet die Kulmination und wurde als die Totalität und Ganzheit beschrieben, die mehr ist, als die 'Summe ihrer Teile'.

 

Das dürfte dem Ajata entsprechen, weil außerhalb der Zeit, der Kausalität. Es ist also streng genommen nicht die 4. Stufe. Alle Stufen werden durch die Kultivierung des Geistes erreicht. Der höchste Zustand wird erreicht, wenn das Ego aufgelöst ist und die Zeitlinie des Geistes beendet ist. 

 

Freund: danke dafür!

 

Reinhard: Modelle können die Intuition entscheidend fördern.

 

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